Kurze Einführung

In den Jahren 2022 und 2023 waren die Zusammenkünfte des evan­ge­lisch-theologischen Pfarrvereins den ersten vier Kapiteln der Bibel ge­wid­met. Im intensiven Austausch zwischen ausgewiesenen Fach­wissen­schaftlern haben Theologen und Theologinnen ihre Beobach­tungen und Erkenntnisse miteinander geteilt.

Hier fasst nun der Präsident des Vereins den Ertrag dieser Arbeit in pointierte Thesen. Sie erheben den Anspruch, das Grundprinzip einer genuin reformatorischen Gedankenarbeit im Spannungsfeld der aktuellen erkenntnistheoretischen, (kirchen-)politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen zu bewähren.

Während die Glaubwürdigkeit der Kirchen erschreckend rasch zer­fallen ist, präsentiert sich der Kanon der Heiligen Schriften nach wie vor als ein „fremdes Wort“, ein Gegenüber zu allen religiösen Pro­gram­men. Er sperrt sich gegen systematische Deutungen und eignet sich schlecht als Füllmaterial für spirituelle und gesellige Angebote. Werden seine vielen verschiedenen Schriften aber gelesen im Licht der Deutung, die ihnen die Taufe und das Abendmahl geben, dann bahnen sie dem Denken schmale Wege, die aus den moralisch überhöhten und den kleingläubig resignierten Verste­hens­mustern herausführen in die Freiheit, die Jesus Christus seinen Jüngern verheisst.

Mit ihrer steten Bindung an die Eingangskapitel der Bibel bieten die Thesenreihen die provokative Möglichkeit, am Beispiel von einem überblickbaren, zweifellos wegweisenden Ausschnitt der kanonischen Schriften zu prüfen, inwiefern diese tatsächlich die bedrängenden Fragen unserer Zeit zu erhellen vermögen. Die Thesen laden dazu, ihre Tragkraft in harten Disputen zu prüfen, um sie wenn möglich mit besseren zu ersetzen.

So möchten sie ihren Beitrag dazu leisten, dass sich – zum Segen von vielen – eine neue Generation von Schriftgelehrten emanzipieren kann von den Gedankenmustern der Moderne und Postmoderne, um mit frischer Zuversicht einzustimmen in den Trotz, den der Psalm seinen Betern in den Mund legt:

„Ich bin klüger als die Alten,
denn ich achte auf deine Setzungen“ (Psalm 119,100).

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