zur Eingangsthese

Seiner monumentalen Darstellung des “Biblischen Schöpfungsglaubens”, 2023 erschienen, stellt der emeritierte Tübinger Alttestamentler Bernd Janowsky ein Wort des zuletzt in Zürich lehrenden Alttestamentlers Odil Hannes Steck voran:

“Die (biblische) Urgeschichte … fabelt nicht über Anfänge, bei denen keiner dabei war. Hier blicken vielmehr Menschen aus ihrer Zeit zurück und nehmen die Grundlagen der eigenen Lebenswelt, das in Welt grundsätzlich Gegebene, das immer Geltende wahr als stiftende Geschehnisse des Anfangs, in denen fortan Gültiges für alle Folgezeit gesetzt wurde” (Die Herkunft des Menschen, Zürich 1983, S. 17).

Damit stellt Janowsky sein Lehrbuch in die Tradition der deutschen akademischen Schultheologie, die sich mit kurzschlüssigen Alternativen und voreiligen Annahmen um die Früchte ihrer bewundernswerten Arbeit bringt.
Denn die saloppe Aussage, dass “keiner dabei war”, als Gott den Himmel und die Erde erschuf, setzt einen nicht nur methodischen Atheismus voraus. Pauschal wird ausgeschlossen, dass der Schöpfer, der ja ganz sicher “dabei war”, sich selber zu Wort melden und sein Werk so beschreiben könnte, wie er das möchte.

Stattdessen wird suggeriert, dass die Bibel mit Worten beginnt, die sich der menschlichen Fähigkeit des Beobachtens und Deutens verdanken. Menschen hätten “die Grundlagen ihrer Lebenswelt” so interpretiert, dass in ihren Formulierungen nun festgehalten sei, was für alle folgende Zeiten Gültigkeit habe. Das Kunstwerk der biblischen Eingansgworte, ihr majestätischer Anspruch und ihr geheimnisvoll klärendes Licht wird der Genialität von anonymen Menschen zugeschrieben – mit der Folge, dass nun zahllose kleine oder grössere Genies den Ansruch erheben, dass ihre Deutung der Lebenswelt für ihre Mitmenschen wegweisend sei…

Janowsky beginnt seine Darstellung mit Charles Darwins Evolutionstheorie und konstatiert, dass sich seit den ersten gekränkten Reaktionen auf diese Theorie der Wind gedreht und dass diese Theorie (und mit ihr der Agnostizismus) unterdessen allgemeine Akzeptanz gefunden habe – mit einer Ausnahme:

“Seit den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts hat sich, ausgehend von den USA, der Kreationismus formiert, der den biblischen Schöpfungsbericht wörtlich nimmt”.

Deshalb gelte es nun, aus falschen Alternativen herauszuführen und “dem biblischen Schöpfungsglauben jenseits von Evolutionismus und Kreationismus gerecht zu werden”. Dabei sei “die Evolutionstheorie ein wichtiger Gesprächspartner”, “während der Kreationismus und seine reflektiertere Spielart, die Theorie des Intelligent Design, die Intention der biblischen Schöpfungstexte gründlich missverstehen”.
aus Bernd Janowsky, Biblischer Schöpfungsglaube

So kommt es dazu, dass ein deutscher Theologieprofessor, der ein Buch schreibt, das nur ganz wenige Berufstheologen lesen werden, sich dispensiert von der Aufgabe, das respektvolle Gespräch zu suchen mit Millionen von Christusgläubigen, die um das rechte, “wörtliche” Verständnis der einleitenden Kapitel der Bibel ringen. Mit einer schulmeisterlichen Arroganz klebt er sie unter dem Etikett “Kreationismus” zusammen und verdeckt sich selber, dass die Getauften seit Jahrhunderten darum gerungen haben, wie die Worte der heiligen Schriften wörtlich zu verstehen seien: Wo wollen sie von einem Geschehen in Raum und Zeit berichten? Wo malen sie Bilder von dem, was zu allen Zeiten im Unsichtbaren geschieht? Und wo und wie zeugen sie anders noch von noch anderem?

Für die Theologen ist es beschämend, dass ein Mathematikprofessor aus Oxford ihre Arbeit tun muss. Von aussen kommend, ohne die Chance, sich auf Grund sorgfältig erworbener Sprach- und Geschichtskenntnisse und wiederkehrender gottesdienstlicher Gestaltungsaufgaben ausdifferenzierte Kenntnisse erworben zu haben, trägt John Lennox – zunehmend problembewusst – zusammen (und bewährt – mit viel Humor – im Streitgespräch mit erklärten Atheisten), was für ein unbedingtes, respektvolles, dankbares, bescheidenes Zutrauen zu den Worten am Anfang der Bibel spricht (vgl. dazu die Thesen 314 und 328). Dabei erinnert er auch daran, dass es von allem Anfang an unter den Gläubigen klar war: Ein “wörtliches” Verständnis kann unmöglich identisch sein mit der Vorstellung von einem raum-zeitlichen Geschehen – schon nur aus dem einfachen Grund, dass auch die Zeit erschaffen ist. Das wussten lange vor Karl Barth (These 320) auch theologische Denker wie Irenäus, Clemes von Alexndria, Origenes oder Aurelius Augustin.
aus John Lennox, Seven days

“Eine hauptsächliche Spannung in der Diskussion der ersten Kapitel der Genesis besteht zwischen denjenigen, die meinen, dass der Autor das Buch als eine Geschichte gelesen haben wollte, und denjenigen, die davon ausgehen, dass die Absicht des Autors darin bestand, zeitlose Wahrheiten in eine bildhafte, theologische Sprache zu kleiden.”

 

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